Mein Ohr an der Wand von Kristof Georgen ist eine ortsbezogene Installation für den Kreuz-Friedhof in Braunschweig. Das kompositorische Hauptmotiv dieser auditiven Installation ist die menschliche Stimme. Als existentielle Ressource vergangenem wie allem zukünftigem Dasein steht sie im Spannungsfeld von Realität und Imagination.
Der Titel Mein Ohr an der Wand (Mein Ohr an der Wand, um zu hören) stammt aus dem 11.Kapitel (Sirenen) aus Ulysses von James Joyce. Dieses und weitere thematische Zitate zur Stimme als Ausdrucksmittel in Musik und Gesellschaft wurden von dem Countertenor Daniel Gloger interpretiert.
Die solistische Gesangsstimme, die in der 5-Kanal-Installation akustisch hoch oben in einem Baum verortet ist, wird ergänzt durch einen Dialog zwischen Narziss und Echo. Der Dialog (Narcissus und Echo aus Ovid Metamorphosen) ist Teil einer Begegnung von Narziss mit Echo im Wald und läuft kommunikativ ins Leere: Ist jemand hier? Hier, hier! // Komm! Komm, komm! // Warum meidest du mich? Meidest du mich, meidest du mich.
Die dialogische Form führt den solistischen Gesang aus der Höhe der hölzernen Behausung im Baum zum Boden: vier Ton-Gefäße sind auf Holzgestellen auf der Erdfläche aufgestellt. Die Gefäße sind mit der Öffnung ca. 30 Grad nach unten gekippt. Ihre offensichtliche "Entleerung" wird akustisch durch eine lautsprachliche, fragmentierte und mehrfach überlagerte Einspielung kompositorisch aufgegriffen. Die Einspielung aus den Gefäßen vermittelt den Charakter des 'Chores' und ist konzipiert als mehrstimmiges (Ur-) Gemurmel einer imaginären Gesellschaft, die der aufgelassene Friedhof über Jahrhunderte "beherbergt".
Kuratiert von Ulrich Eller, Projektleitung und Realisierung stadtklaenge l klangstaetten 2017: Dr. Anne Mueller von der Haegen (Allgemeiner Konsumverein Braunschweig e.V.)